Die wenn ich mich richtig erinnere schwedische Combo Aqua landete 1997 mit dem bezeichnenden Titel Barbie Girl ihren ersten und glücklicherweise auch einzigen Hit. In diesem damaligen Gassenhauer wird das (gespielte) Leben einer Barbie Puppe textlich recht trefflich zusammengefasst : „Ich bin ein Barbie-Girl in einer Barbie-Welt. Ein Leben in Plastik, das ist fantastisch. Du kannst mein Haar bürsten, mich überall ausziehen - Fantasie, das Leben ist deine Schöpfung“. Im Refrain des Liedes kommt Barbie dann auch zu einer recht kritischen Einschätzung ihrer selbst :“Ich bin eine blonde Tussi in einer Fantasiewelt. Kleid' mich ein, möglichst eng, ich bin dein Püppchen!.
Prägnanter kann man die Eigenschaften
der 1959 von dem amerikanischen Spielzeughersteller Mattel
geschaffenen Puppe wahrscheinlich nicht zusammenfassen. Mit ihren
idealtypischen und der Gesundheit eher weniger förderlichen Maßen
von 96 – 45 – 86 (Riesen Euter bei Wespen Taille) bei einer
geschätzten Körpergröße von 170 cm stellte sie über Jahrzehnte
für Generationen von Mädchen in der 1.Welt den ersten Einstieg –
im Durchschnitt erhält ein deutsches Mädchen mit 3 Jahren seine
erste Barbie - in die Welt der durch die Industrie vorgegeben
Schönheit Ideale dar. Besonders von feministischer Seite wurde die
ungesunde Körperlichkeit der Mattel Puppen zwar bereits früh
kritisiert. Trotz aller in den letzten Jahrzehnten zweifelsohne
stattgefundenen Modifikationen – bereits in den 70er Jahren gab es
beispielsweise Barbie Puppen in den damals noch eher Männern
vorenthaltenen Berufsfeldern wie beispielsweise Arzt zu kaufen - ,
ließ der Hersteller die unrealistischen Grundmaße der Puppe lange
unverändert.
Was aber alle feministische Hysterie
nicht zu bewirken vermag, schaffen die Kräfte der Marktwirtschaft.
Der Absatz von Barbie Puppen ging nämlich die letzten Jahre gehörig
in den Keller. Besonders der erhoffte Absatz auf dem fernöstlichen
Markt blieb weitgehend aus. Höchste Zeit für Mattel, ihr Aushänge
Produkt zu modernisieren und einer heterogener gewordenen
multioptionalen , gleichzeitig individualisierten gesellschaftlichen
Umwelt anzupassen.
Der Esstörungen nicht abgeneigte
Grundtypus – wir erinnern uns : Russ Meyer Brüste bei nicht
vorhandener Taille – wurde Anfang Jahres folglich um drei weitere
Barbie Typen erweitert. Und zwar um eine kurvige, zierliche und eine
von fast Giraffen artigem Körperwuchs. Mattel treibt die funktionale
Differenzierung seiner Puppen Welt aber noch ein beachtliches Stück
weiter. Bei jeder der Grundtypen kann fortan aus 24 Frisuren, 22
Augenfarben und 7 Hauttypen gewählt werden.
Das Auswahl Dilemma der Moderne fortan
also bereits im Vorschulalter : rein theoretisch kann jede Nachwuchs
Prinzessin zukünftig aus 3696 unterschiedlichen Puppen wählen !
Quantitativ für die meisten 3.jährigen
samt ihrer Helikopter Mütter eine erste spielerische Annäherung an
die Auswahl Problematik der modernen Welt. Welche bei der ein oder
anderen Nachwuchs Prinzessin wahrscheinlich bei „Ich kann mich
nicht entscheiden“ Schreikrämpfen enden werden ! Ein paar weniger
Wahlmöglichkeiten wären bei den neuen Barbie Typen eventuell nicht
verkehrt gewesen !
Qualitativ werden zumindest radikal
Feministen von den neuen Barbie Körpertypen eher enttäuscht sein.
Ein tatsächliches Abbild der gesellschaftlichen Wirklichkeit findet
man nämlich nach wie vor vergeblich. Kurvig heißt hier nämlich
keinesfalls füllig – für die meisten empirisch tatsächlich
vorkommenden Frauen bleibt auch die Körperlichkeit der neuen Barbies
ein beinahe unerfüllbarer Traum.
Auch die Barbie 2.16 bleibt äußerlich
selbstredend körperlich idealtypisch makellos : perfekt geschminkt,
ewig lächelnd und bis in die Haarspitzen gepflegte Haare.
Zahnlücken, Hautunreinheiten oder kleinere Handicaps wie Brille etc.
sucht Prinzessin bei jeder der 3696 theoretisch denkbaren Puppen
vergeblich ! Geschweige den eine Barbie im Rollstuhl !
Mattel hat sein Produkt Sortiment eher
um weitere Idealtypen erweitert – ein tatsächliches Abbild
gesellschaftlicher Wirklichkeit stellen auch die Neu Kreationen 2016
nur teilweise dar.
Bleibt natürlich die Frage zu klären,
ob die radikale Einlösung einer derartigen real typischen Abbildung
den überhaupt sinnvoll wäre. Spielwaren wie Barbie Puppen haben
letztlich die Aufgabe, 3 – 10 jährige Kinder spielerisch auf die
Welt der Erwachsenen vorzubereiten. Eine Welt, welche trotz aller
geglaubten Individualität – so schrecklich groß ist die Zahl der
gesellschaftlich tolerierten Sein Entwürfe letztlich nicht - und
vorgegaukelter Toleranz eher von äußerlichen Schein als von
innerlichem Sein geprägt ist. Auf diese Welt bereiten die 3696
Barbie Puppen nahezu perfekt vor – zumindest die Körper
Optimierungsindustrie von Kosmetik bis Fitness sollte Mattel
eigentlich auf ewig dankbar sein.
Insofern ist Mattels Struktur
konservative Produktdifferenzierung also durchaus begrüßenswert –
Barbie Prinzessinnen von heute frohlocken recht wahrscheinlich in 20
Jahren den ich bin es mir Wert Handlungsimperativen der Kosmetik
Industrie.
Real typische Barbie Puppen wären
hierfür wahrscheinlich nur bedingt geeignet.
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