Die Zeit vor Maniac Mansion.
Adventures
waren auf den damals verbreiteten Heimcomputer Systemen wie Apple 2
oder C64 bis Mitte der 80er Jahre eine nicht wirklich
benutzerfreundliche Angelegenheit. Die Kommunikation zwischen Spieler
und Spiel fand nämlich typischerweise über einen sogenannten Text
Parser statt. Anweisungen an die Spielfigur wurden hierbei in
natürlicher, oftmals recht Kleinkind naher Sprache über die
Tastatur eingegeben und vom jeweiligen Spiel anschließend
entsprechend interpretiert. Anweisungen wie „Gehe Westen“ oder
„Nimm Zaubertrank“ gehörten damals zum typischen Alltag eines
Computer Spielers. Glückssache, wenn dann das jeweilige Spiel die
erteilten Befehle überhaupt verstand. Deren Wortschatz glich nämlich
in vielen Fällen dem eines Hauptschulabbrechers aus einem Berliner
Problembezirk. Derartige Verständnisprobleme führten damals bei
vielen Spielern regelmäßig zu wahren Verzweiflung Attacken.
Selbst die
inhaltlich teilweise hervorragenden Adventures der amerikanischen
Softwareschmiede Infocom – der eine oder andere ältere Leser mag
sich sich noch an die Zork oder per Anhalter durch die Galaxis Reihe
erinnern - krankten noch an dieser Symptomatik. Trotz deutlich
verbessertem Textparser, welcher zumindest eine annähernd
umgangssprachliche und auch komplexere Befehlseingabe verstand, war
auch hier noch die Kommunikation zwischen Spiel und Spieler eine arg
mühselige Angelegenheit.
Es gab zwar
bereits Anfang der 80er Jahre Adventures , welche Grafiken als
integratives Element in das Spiel integrierten. Anfangs zumeist, um
Text zu sparen und a biserl Atmosphäre zu erzeugen. Ein grafisch
dargestellter Druide musste beispielsweise textlich nicht weiter
beschrieben werden. Von einer oder mehreren Spielfiguren, welche man
tatsächlich per Eingabegerät (Tastatur, Joystick) durch die
jeweilige virtuelle Welt steuern kann, war man zu diesen Zeiten noch
entfernter als Borussia Dortmund momentan von der Meisterschaft.
Selbst das 1984 erschienene und auch heute noch spielenswerte Kings
Quest von Sierra brachte diesbezüglich keinen entscheidenden
Durchbruch und blieb weitgehend auf dem Niveau des bereits
erreichten. Zwar ließ sich die Spielfigur bereits per Tastatur durch
die grafisch ganz passabel dargestellte Spielwelt steuern und war
somit das erste Adventure, welches die Bezeichnug Point an Click
zumindest teilweise verdient. Die tatsächliche Befehlseingabe fand
allerdings auch hier über einen durchschnittlich intelligentem Text
Parser statt.
Musikalische
Untermalung oder Geräusch Effekte konnte man bis Mitte der 80er
Jahre bei Adventures zumeist mit der Lupe suchen. Selbiges galt für
Animationen. Die Präsentation und Darstellung orientierte sich –
positiv interpretiert – eher an dem Medium Buch. Der Film und seine
spezifischen erzählerischen Möglichkeiten spielte damals bei der
Spielgestaltung noch keine große Rolle.
Formal gesehen
waren Adventures in der vor Maniac Mansion Ära sehr umständlich zu
bedienen und zumeist eher Benutzer unfreundlich aufgebaut. Die
Befehlseingabe per Text Parser ein sprachlicher Offenbarungseid und
die Integration von Grafiken lediglich schmückendes Beiwerk.
Filmische Mittel wie Geräusche, Animationen oder Zwischensequenzen
kamen kaum vor und der Spielspaß blieb in dieser Frühphase trotz
aller teilweise durchaus vorhandenen inhaltlichen Brilianz auf der
Strecke. Wenig verwunderlich, das Adventures die breite Masse der
Heimcomputer Besitzer Anfangs kaum erreichten. Ein Nischenprodukt für
Freaks. Durchaus auch bedingt durch die inhaltlich starke
Ausrichtung auf das Genre Fantasy und „ versofteter “ Roman bei
vielen Titeln.
Maniac Mansion : zum ersten Mal eine
grafische Benutzeroberfläche.
1987 war für das
Adventure Genre ein einschneidendes und paradigmatisches Jahr. Der
Publischer Lucasfilm Games veröffentlichte das Jahrhundert
Spiel Maniac Mansion für den C64, welches formal wie
inhaltlich viele auch heute noch nachwirkende Neuerungen
implementierte.
Als erstes Spiel
seiner Art konnte es nämlich weitgehend ohne Tastatur gesteuert
werden ! Der Hersteller entwickelte zur Realisierung diesen Titel
eigens eine Software (SCUMM) , welche es erlaubt, die
Spielfigur und deren Handlungen alleine per Joystick (damals zumeist
ein Competition Pro) und / oder Maus zu steuern.
Formal betrachtet,
ist der Bildschirm bei Maniac Mansion dreigeteilt.
Der größte Teil
des Bildschirmes – etwa 2 / 3 - wird durch den jeweiligen
Ausschnitt der Spielewelt eingenommen, durch welche sich die gewählte
Spielfigur per Joystick lenken lässt. Dargestelt ist das Ganze in
einer seitlichen 2 D Darstellung. Die handlungsrelevanten Elemente
sind in diesem Bildschirm Ausschnitt prinzipiell immer anklickbar.
Unterhalb von
diesem findet sich eine Liste mit Verben (gehe zu, nehmen etc), mit
Hilfe derer mit der Umgebung interagiert werden kann. Dies geschieht
per einfachem anklicken. Alle Verben können mit den grafisch
dargestellten und vom Spieler aufnehmbaren Gegenständen kombiniert
werden (beispielsweise Gehe zu - > Kühlschrank) . Die
aufgenommenen Dinge erscheinen dann im unterhalb der Verben
dargestellten Inventar der Spielfigur.
Eines der ersten
Adventure Spiele, welches mit einem grafischen Parser
ausgestattet ist und ausschließlich mit Curser und Joystick bedient
werden kann !! Für nach 2000 sozialisierte Computer Spieler eine
unhinterfragte Selbstverständlichkeit; damals aber eine formale
Revolution mit immer noch nachwirkenden Auswirkungen. Das Genre
wurde endlich Massen kompatibel . Maniac Mansion verkaufte sich für
damalige Verhältnisse gigantisch und war auf jedem spät 80er
Pausenhof ein Dauer Thema unter den im Schatten der Atombombe
aufwachsenden Jugendlichen.
Maniac Mansion : Die Story.
Für diesen
gigantischen Erfolg waren natürlich auch inhaltliche Aspekte
verantwortlich. Endlich ein Spiel, welches sich selbst ironisch auf
die Schippe nahm und sich als gelungene Parodie auf die damals
populären Mad Scientists Filme im Teenager Gewand (Zurück in die
Zukunft und so weiter, und so fort) begreifen lässt.
Im
Mittelpunkt der Geschichte steht der in einer riesigen Villa lebende
Dr. Fred – ein
Allgemein Mediziner im Ruhestand – welcher im Laufe der Jahre zum
verrückten Wissenschaftler mutierte. Verrücktheit ist natürlich
eine arg relative Kategorie, gehört in unseren Tagen fast schon zum
guten Ton und ist allerdings bei diesem nach Weltherrschaft
strebenden Mediziner alleine aus Gründen der Fremdgefährdung
zweifelsfrei gegeben. Er entführt zur Durchführung seiner gar
schauerlichen wissenschaftlichen Experimente nämlich bevorzugt junge
Menschen wie die adrette Cheerleaderin Sandy. Er
möchte dieser nämlich gerne den Kopf amputieren (ob es hier
überhaupt viel zu amputieren gibt, steht noch auf einem anderen
Blatt). Im Keller seines Anwesens hat er hierfür extra ein riesiges
Labor errichtet. Unterstützt wird er hierbei von der ebenfalls in
dem Anwesen lebenden Krankenschwester Edna, „eine ehemalige
professionelle Pflegerin, deren Hobbies sogar einen Seemann erröten
lassen würden“. Nämlich beispielsweise sexuelle Stimulanz via
Telefon (vgl hierzu die dem Artikel beigefügten Bilder).
Daneben leben in dem Haus noch zwei
ausgewachsene Tentakel als Haustiere. Abgerundet wird die
schauerliche Wohngemeinschaft durch Ed, einem
verhaltensauffälligen Jugendlichen mit besonderer Affinität zu der
Tierart Hamster (was macht der Hamster den in der Mikrowelle ? ). Ed
ist der Sohn von Dr, Fred und würde heutzutage wohl ADHS
diagnostiziert bekommen.
Wie es sich für eine amerikanische
Cheerleaderin geziemt, hat Sandy natürlich einen smarten Boy Friend.
Nämlich Dave. Diesem ist die Entführung seiner Holden nicht
entgangen und folglich macht er sich sogleich daran, diese aus den
Fängen von Dr. Fred zu befreien.
Maniac Mansion : Die Charaktere.
Dem Spieler übernimmt im folgenden die
Rolle von Dave und zwei seiner im Vorspann frei wählbarer
Freunde, welchen ihn bei der Befreiungsaktion unterstützen. Hierbei
stehen insgesamt 5 Charaktere zur Verfügung, welche idealtypisch
fast sämtliche Klischees der damaligen ( amerikanischen )
Jugendkultur ironisch überspitzt abdecken :
Jeff, ein blonder
durchtrainierter Jüngling mit Spitznamen „Surfer Dude“. Wie der
Namen schon vermuten lässt, hängt dieser normalerweise mit
Surfbrett, Bierdose und Ghettoblaster Mädels bezierzend am Strand
herum.
Razor, die im schwarzen Leder
Mini bekleidete Sängerin der Punk Combo „Razor and the
Scummettes“.
Natürlich darf auch der begnadete
Nachwuchswissenschaftler (heute würde man ihn wohl mit Nerd
typisieren) nicht fehlen. Nämlich in Person von Bernhard, dem
Präsident des Phisik Clubes und Gewinner des Eierkopf Preises.
Wendy ist eine ewig auf den
Durchbruch wartende Nachwuchs Schriftstellerin.
Michael der Photograph der
Schülerzeitung.
Wäre noch Syd zu nennen; ein
junger Musiker mit Berufswunsch New Wave Combo.
Jeder dieser Charaktere hat nun
unterschiedliche Fähigkeiten, welche zur Rettung von Sandy beitragen
können. Der Lösungsweg des Spieles hängt also immer auch in
starkem Umfang von den gewählten Spielfiguren ab. Das der Spieler in
einem Spiel mehrere Figuren gleichzeitig zu steuern hat, war eine
weitere innovative Neuerung von Maniac
Mansion. Der bis dato weitgehend lineare Aufbau von Computer Spielen
(Rätsel 1, dann Rätsel 2 usw.) wurde hier mit einem Male beachtlich
komplex. Alles schien mit allem in Interaktion zu stehen ! Mit dem
Nerd Bernhard im Team gestaltete sich die Rettung beispielsweise
gänzlich anders als mit dem Musiker Syd.
Maniac Mansion : Schnittsequenzen.
Mit
Maniac Mansion vollzog ein Computerspiel eine bis heute nachwirkende
Annäherung an das Medium Film. In dem Spiel spielen nämlich zum
ersten Mal Schnittsequenzen
eine wichtige handlungsrelevante Rolle. In diesen kurzen animierten
Zwischensequenzen werden nämlich stets wichtige und Lösungs
relevante Hinweise bezüglich der weiteren Geschichte gegeben.
Während dieser Zwischensequenzen kann der Spieler selbst nicht in
das Geschehen eingreifen. Die Steuerleiste ist folglich ausgeblendet.
Zum ersten Male
hatte der Spieler wirklich das Gefühl, Teil, eines interaktiven
Filmes zu sein ! Das heutzutage gerne kontrastierte Verschmelzen von
Film und Computerspiel nahm hier seinen Anfang. Vieles, was später
als angebliche Innovation gehyped (interaktiver Film etc. ) wurde,
war bei diesem 1987 Kracher bereits in großen Teilen aus
buchstabiert.
Maniac Mansion : Die grafische
Darstellung.
Die grafische
Darstellung auf dem C64 war bereits 1987 eher nur der gehobenen
Mittelkasse zuzuordnen und mutet heutzutage natürlich etwas
antiquiert an. In seitlicher 2D Darstellung bewegen sich die
handelnden Protagonisten durch einen doch a biserl arg ruckelnd
scrollenden Bildschirm. Gerade das Scrolling wäre durchaus auch
bereits damals sauberer zu programmieren gewesen ! Ansonsten ist die
gezeigte Spielwelt durchaus nett anzuschauen . Der Cartoon hafte Stil
wirkt systembedingt natürlich etwas pixelig (die maximale
Bildschirmauflösung des C64 beträgt gerade einmal 320 x 200) und
hätte auch auf dem Brotkasten ein paar Farben mehr vertragen können;
passt aber sehr gut zur humoristisch ironischen Grundausrichtung des
Spieles.
Maniac Mansion : Musik und
Soundeffekte.
Geräusche und
Soundeffekte wurden sehr gekonnt in das Spiel integriert.Göttlich
das Geräusch der Toilettenspülung ! Der Atmosphäre immens
zuträglich, wenn in einer Zwischensequenz dargestellte Grillen
tatsächlich zu zirpen beginnen ! Hier haben die Macher wahrlich
ganze Arbeit geleistet – teilweise wahrlich ein Ohrenschmaus !
Die Musik klingt
für C64 Verhältnisse mitunter zwar a biserl blechern; gleichwohl
unterstreicht sie aber stets hervorragend das momentane
Spielgeschehen. Musik und Spielgeschehen bilden hier eine gelungene
Symbiose. Das eine steht mit dem anderen im Einklang – ein
Sachverhalt, an welchem sich viele moderne Vertreter ein Beispiel
nehmen sollten. Oftmals ist hier die musikalische Untermalung nämlich
reiner Selbstzweck und geht kaum auf das Spielgeschehen ein !
Maniac Mansion : Auf dem heimischen
PC.
Wer
sich selbst einmal ein Bild von Maniac Mansion machen möchte und
keinen C64 zur Verfügung hat, besitzt mehrere Möglichkeiten.
Die
einfache passive Variante wäre sich eines der zahlreichen Youtube
Vidos zu Gemüte zu führen (beispielsweise :
https://www.youtube.com/watch?v=C0pZabKM0DU
) und andere beim Durchspielen zu beobachten. Hier bringt man sich
aber selbst um den Spielspaß und bekommt zudem meistens nur eine
Lösungsvariante präsentiert.
Aufgrund
seines Erfolges wurde das Spiel im Laufe der Zeit für alle möglichen
Systeme adaptiert. Unter anderem auch für den PC. Bis auf die hier
etwas bunteren Farben und den deutlich schlechteren Sound (die
Version wurde Anfang der 90er Jahre programmiert) ist diese Version
dem C64 Original recht ähnlich und inzwischen Freeware.
Beispielsweise unter
http://www.chip.de/downloads/Maniac-Mansion-Deluxe_13013383.html
kann diese kostenlos heruntergeladen werden und läuft auf jedem auch
schwächer bestückten PC. Nicht nur für jeden Retro Begeisterten
ein lohnender Spielspass !!
Natürlich
kann das Spiel auch via Emulator am heimischen PC gespielt werden. Es
existieren zahlreiche leistungsstarke C64 Emulatoren . Bei Interesse
einfach einmal die Begriffe C64 + Emulator in die Suchmaschine mit
dem g eintippen. Rasch wird man zu dem gewünschten Inhalt gelangen.
Maniac Mansion : Werks Rezeption.
Während
die allermeisten Computer Spiele bereits einige Wochen nach
Erscheinen angestaubt in den Regalen verenden, erfährt Maniac
Mansion auch fast 30 Jahre nach Erscheinen eine beachtliche
Rezeption in Fankreisen. Unter anderem auf der Internetseite
maniac-mansion-mania.de, wo interessierte User die Möglichkeit
haben, spielbare Neuepisoden – inzwischen bereits über 50 Stück !
- für das Spiel zu entwickeln und vorzustellen.
Es
wird von einigen Fans sogar seit Jahren versucht, eine 3D Version des
Adventures – Meteor Mess 3D- auf die Beine zu stellen. Wer möchte
kann sich unter www.meteormess.de
über den diesbezüglichen Stand der Dinge informieren.
Maniac Mansion : Verfilmung.
Während
bis Mitte der 80er Jahre erfolgreiche Kinofilme zumeist zu mehr oder
weniger suboptimalen Computer Spiele Umsetzungen (Rambo, Allien etc)
geführt hatten, erfolgte bei Maniac Mansion zum ersten Mal in der
Geschichte der Schritt in die umgekehrte Richtung.
Ein
Computer Spiel wurde verfilmt ! Und zwar in Form einer kanadischen
Familien Science Fiction Sitcom aus dem Jahre 1990, von welcher
immerhin 3 Staffeln mit 66 Folgen produziert wurden. Besagte Serie
schaffte es 1991 sogar auf die bundesdeutschen TV Bildschirme und
konnte unter anderem auf Tele5 und Kabel 1 begutachtet werden.
Der
teils doch recht schwarze Humor und die verschiedenen sexuellen
Anspielungen des Computer Spieles mussten in der Fernsehserie
allerdings harmlosen familienfreundlichen Gags weichen.
Maniac Mansion : Zusammenfassende
Kritik.
Durch
seine benutzerfreundliche grafische Oberfläche machte Maniac Mansion
das Adventure Genre Massen kompatibel. In seiner Präsentation
(Zwischensequenzen) gelang dem Spiel zum ersten Mal in der Geschichte
eine wirklich gelungene Annäherung an das Medium Film. Der schwarze
Humor von Maniac Mansion (explodierender Hamster in der Mikrowelle
etc ) ist noch heute legendär und wird manigfach in der Popkultur
zitiert. Und am wichtigsten : das Spiel macht einfach Spaß. Eine
wahrlich gelungene Parodie auf B – Movie Horror Filme !
Selbstmurmelnd 5 von 5 Punkte !
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